Wirtschaftszentrum, kultureller Hotspot und Spiegel mehrerer Architekturstile: Der Castroper Marktplatz ist eine lebendige Erinnerung an das Wachstum der Wirtschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Er repräsentiert nicht nur die Ortsgeschichte von Castrop, sondern auch die entscheidenden Innovationsphasen und Architekturstile in der Geschichte Castrop-Rauxels. Jedes Gebäude, jede Fassade trägt die Spuren einer spezifischen Epoche, sei es der historistische Stil oder der Reformstil als künstlerische Innovation des Jugendstils.
Zentraler Ort des gesellschaftlichen Lebens
Kirmessen, Mittelaltermärkte, Beach Festivals, Castrop kocht über, Naschmärkte, Nightshoppings und vieles mehr: Seit Hunderten von Jahren ist der Bereich im Herzen der Altstadt regelmäßig Bühne und Zuschauerraum für große Stadtfeste - und damit Wirtschaftszentrum und kultureller Stadt-Mittelpunkt zugleich.
Ein Blick zurück
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erhielt Castrop die Bezeichnung "Freyheit" und etablierte sich als Nahmarkt. Anfangs fanden die Jahrmärkte auf den Straßen des historischen Kerns von Castrop statt, bevor sich das Marktgeschehen auf den Bereich der heutigen Straße "Im Ort" verlagerte. Noch in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts hatte der "Markt neben Obst- und Gemüseständen eine weitere Attraktion [...]: lebende Tiere. Schon von weitem hörte man ein Gegackere und Geschnattere. Da standen Körbe mit Hühnern, Gänsen und Enten. Von allen Kindern aber geliebt waren die Kaninchen. Man konnte schon sagen, dass der Markt auch ein kleiner Streichelzoo war.“ (Zitat aus: „Auf Spurensuche. Ein Ausflug in die Vergangenheit Alt-Castrops“)
Bau des Marktplatzes
Während der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde dann der Castroper Marktplatz angelegt. Ursprünglich war der große rechteckige Platz mit unterschiedlich geformten und teilweise noch bäuerlich geprägten Gebäuden bebaut. In einer zweiten Phase zwischen 1890 und 1908 wurden diese älteren Strukturen durch historistische Wohn- und Geschäftshäuser ersetzt. Zwischen 1908 und 1916 verlieh eine dritte Innovationsstufe dem Marktplatz schließlich ein großstädtisch-zeitgemäßes Erscheinungsbild. Die in dieser Phase errichteten Häuser waren im Baustil an der damals als Reformstil bezeichneten Jugendstilvariante orientiert.
Der Reiterbrunnen
Besondere Erwähnung verdienen drei Bauwerke auf diesem Platz. Da ist zuerst der im Westen Deutschlands einzigartige Castroper Reiterbrunnen an der Nordseite des Platzes vor dem Café Extrablatt. Er ist den legendären Pferderennen auf der ehemaligen Naturhindernisbahn bei Haus Goldschmieding gewidmet, die der Zechengründer und Visionär William Thomas Mulvany aus seiner irischen Heimat nach Castrop gebracht hatte. In den Hochzeiten zogen die Hindernisrennen, die zwischen 1875 und 1970 stattfanden, mehrere zehntausend Besuchende an. Der Reiterbrunnen wurde 1912 durch den Verschönerungsverein Castrop nach einem Entwurf vom Kölner Bildhauer und Professor Georg Grassegger errichtet.
Das Café Vogelsang
Das Haus Am Markt 24/25, in dem heute die Targobank und der Juwelier Zimmer zu finden sind, war einst bekannt für das Schuhgeschäft Cohen bzw. das Café Vogelsang. Das Gebäude des Architektenduos Strunk und Splenhoff beeindruckt mit seinem Jugendstil-Treppenhaus im Innern des Gebäudes sowie seiner prächtigen Sandsteinfassade, die im oberen Drittel mit Ornamenten und den Köpfen der drei biblischen Könige Saul, David und Salomo verziert ist.
Wichtige gesellschaftliche Ereignisse
Das zweigeschossige Fachwerkhaus der bekannten Familien Greve und Disch am Markt 3, ein letzter Rest der alten Bebauung um die Lambertus-Kirche, ist von besonderer Bedeutung für die Geschichte der Stadt. Mit seiner Entstehung im Jahr 1816 trägt es die Erinnerung an die Ackerbürgerhäuser vergangener Tage in sich und diente einst als Schauplatz für wichtige gesellschaftliche Treffen. Aktuell befindet sich das Restaurant Martins im Gebäude.
Umgestaltung des Platzes
Im März 2017 wurde der Castroper Altstadtmarktplatz einem Ratsbeschluss und den Entwicklungskonzepten für die Altstadt folgend umgestaltet. Die städtebaulich geförderte Neugestaltung war aufgrund von Kanalsanierungen, unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit und zur allgemeinen Verbesserung des Platzes notwendig. Die Umgestaltung führte zu einer barrierefreien Flächengestaltung mit neuen Bäumen und breiteren Aufenthaltsbereichen. Die Parkplatzflächen wurden reduziert und die einzelnen Parkplätze verbreitert, während Bushaltestellen barrierefrei ausgebaut wurden. Materialien wie Betonsteinpflaster und Naturstein wurden für die Oberflächen gewählt, um eine hochwertige Gestaltung zu erreichen. Sitzgelegenheiten aus Holz und eine Beleuchtung mit Stelen und Lichterketten verleihen dem Castroper Marktplatz eine vertraute Atmosphäre.