Baum des Jahres 2021: Gewöhnliche Stechpalme (Ilex aquifolium)

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Landschaftsband Zechengelände Niederberg, 47506 Neukirchen-Vluyn

Flora

Der Irrtum soll gleich eingangs aufgeklärt werden: eine Stechpalme kann zwar kräftig stechen, aber zu den Palmen zählt sie nicht. Vielmehr leitet sich dieser Namensteil aus der Bedeutung des Ilex in der christlichen Tradition ab. So wird am Palmsonntag des Einzugs Jesu in Jerusalem gedacht, der seinerzeit mit Palmwedeln begrüßt worden sein soll. Und da in unserem Teil der Erde echte Palmenzweige Mangelware sind, wurden die Zweige von immergrünen oder zu dieser Jahreszeit bereits ergrünten Pflanzen (Weiden, Buchsbaum und eben Stechpalme) als Palm geweiht.[i] [ii]

Quellen

 

[i] Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_Stechpalme#Die_Stechpalme_in_der_Symbolik (Abruf 22.11.21)

[ii] SDW (2020): Die Europäische Stechpalme – Baum des Jahres 2021

Schon Kelten und Germanen verehrten den Ilex, der zehn, in seltenen Fällen bis 15 Meter hoch werden kann und damit zu den Bäumen zählt. Weil solche mit immergrünem Laub in Mitteleuropa sehr selten sind, gelten sie bis heute als etwas Besonderes. Der Brauch, die Häuser mit beerentragenden Ilex-Zweigen zu schmücken, war im Mittelalter weit verbreitet, standen doch die roten Früchte für ewiges Leben. Die Stechpalme hat der Weihnachtszeit die traditionellen Farben gegeben, Rot und Grün, als vom Weihnachtsbaum noch nicht die Rede war[1]. Im angelsächsischen Raum ist der "holly" nach wie vor sehr beliebt, und so zieren im Dezember die leuchtend roten Beeren manche Haustür und manches Wohnzimmer. In der Kranzbinderei ist die Stechpalme ebenfalls beliebt. Karrenweise wurden die beliebten Schmuckreiser im Laufe des 19. Jahrhunderts aus dem Wald geholt und auch in Regionen exportiert, in denen keine wildwachsenden Stechpalmen vorkommen. Dieser Raubbau führte zu einem dramatischen Schwund, so daß Anfang des letzten Jahrhunderts Schutzverordnungen erlassen wurden. In Deutschland steht der wildwachsende Ilex als eine von wenigen Baumarten heute unter besonderem Schutz, da die Wildvorkommen so selten sind.[2]

Um eine beerentragende Stechpalme bewundern zu können, braucht es zwei Pflanzen, eine männliche und eine weibliche. Sie ist botanisch gesehen

zweihäusi

g [Link - https://de.wikipedia.org/wiki/Di%C3%B6zie], das heißt, die weiblichen und die männlichen Blüten kommen auf verschiedenen Pflanzen vor. Mutter Natur verbessert damit den Fortpflanzungserfolg, denn Zweihäusigkeit führt zu vollständiger Fremdbestäubung, Inzucht wird so vermieden. Die Bestäubung übernehmen Insekten, wobei die Gehölze nicht mehr als 50 Meter voneinander entfernt stehen sollten. Sonst gibt es keine Beeren.

 

So beachtlich die Beeren, so wenig auffällig die cremeweißen, kleinen Blüten, die allerdings ein näheres Hinsehen lohnen. Dann kann man auch ihren angenehmen Duft wahrnehmen. Die gezähnten Ränder der derben Blätter, die auch für den Namen Stechpalme stehen, bieten einen wirksamen Verbißschutz. Das erklärt auch, warum sich der Ilex zu Zeiten der Waldweide, also im 18. und 19. Jahrhundert, ausbreiten konnte. Die in den Wald getriebenen Tiere verschmähten die Stechpalme. Menschen nutzten die heute als giftig eingestuften Blätter früher als aufmunternden Tee. Eine südamerikanische Ilex-Art liefert den Mate-Tee.

Das helle Ilex-Holz ist relativ schwer und beliebt für feinere Drechsler- und Schnitzarbeiten. Es gilt als wertvollstes "weißes" Holz für Einlegearbeiten (Intarsien), wie in Schachbrettern.4 Aus Stechpalmenholz ist auch der Zauberstab von Harry Potter gefertigt, denn dem Ilex wird ein wirksamer Schutz gegen das Böse nachgesagt. Deshalb war es im Rheinland Brauch, Kamine mit Besen aus Stechpalmenzweigen zu kehren. Sie wurden durch das Fegen mit einem solch zauberkräftigen Besen vom Ruß befreit, an dem böse Geister hafteten. 3 Damit Neukirchen-Vluyn stets gut behütet und gewappnet ist, steht der Jahresbaum

hier

. [Link zur Übersichtskarte]

 

Die Stechpalme wird auch Hülse genannt (nach althochdeutsch hulis). Bis heute finden sich Ortsnamen – Hülsdonk im benachbarten Moers, Krefelds Stadtteil Hüls und das kalifornische Hollywood – die auf einst reiche Vorkommen dieses interessanten Gehölzes schließen lassen. Auch in Familiennamen – Droste-Hülshoff oder Verhülsdonk – begegnet uns die Hülse wieder.4

 

[1] Jagel, Armin, Annette Höggemeier &Till Kasielke (2016): Ilex aquifolium – Gewöhnliche Stechpalme, Hülse, Ilex (Aquifoliaceae). in Jahrbuch des Bochumer Botanischen Vereins e. V.

[2] Roloff, Andreas (2021): Baum des Jahres 2021 – Die Stechpalme/Hülse (Ilex aquifolium). in Mitteilungen der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft 163

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Karte

Baum des Jahres 2021: Gewöhnliche Stechpalme (Ilex aquifolium)

Landschaftsband Zechengelände Niederberg, 47506 Neukirchen-Vluyn
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Autor

Sandra Kiss

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