Der Kalkrieser Berg und der Gehn sind zwei Erhebungen, die unmittelbar nördlich vor dem Wiehengebirge liegen und so ziemlich die nördlichsten Mittelgebirge in Deutschland überhaupt darstellen. Alles, was auf der Karte weiter oben liegt, gehört zur norddeutschen Tiefebene. Umso vielfältiger ist dieser TERRA.trail: Von Bramsche aus geht es vom Mittellandkanal aus zunächst in ehemaliges Moorgebiet. Der geschichtsträchtige Kalkrieser Berg führt uns dann wie eine Rampe auf das Wiehengebirge, an dessen Südseite wir die Gemeinde Wallenhorst kennen lernen. Der Zweigkanal bringt uns zurück nach Norden und in einer großen Schleife umrunden wir am Schluss noch den Gehn. Wer gern etwas schneller fährt und keine verwinkelten Wegeführungen mag, der wird an diesem Trail mit seinen mäßigen Steigungen seinen Spaß haben.
Wichtige Hinweise:
- Der TERRA.trail 2 ist nur in Fahrtrichtung im Uhrzeigersinn beschildert. Es ist mit waldtypischen Gefahren zu rechnen, wie mangelnde Stand-/ Bruchfestigkeit von Bäumen oder matschigen Wegen mit tiefen Fahrspuren. Das Befahren des Trails erfolgt auf eigene Gefahr.
Lange Route mit nur einer längeren, steileren Steigung. Relativ geradlinig, keine verwinkelten Streckenführungen. Bis auf wenige Ausnahmen gute Wegequalität. Zwischen Bramsche und Achmer lässt sich die Tour in zwei Schleifen teilen.
Los geht’s!
Unsere Tour beginnt mitten im Zentrum von Bramsche, an der St. Martins-Kirche (1). Sie eignet sich gut, um eine Reihe typischer Baumaterialien der Region kennen zu lernen: Das eigentliche Mauerwerk besteht aus hartem, eisenhaltigem Sandstein aus dem Gehn. Stellenweise sind auch kleinere Findlinge aus Granit vermauert. Der bröselige graugrüne Sandstein an einigen der Ecken stammt aus der Gegend um Melle und wird „Schilfsandstein” genannt. Die Fenstereinfassungen schließlich wurden aus Ibbenbürener Sandstein gefertigt. Um 1200 wurde der romanische Kernbau errichtet, etwas später kam der Turm dazu. Den spätgotischen Choranbau im Osten errichtete man in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, nach der Reformation kam in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts ein Seitenschiff hinzu. Unweit der Kirche in südlicher Richtung finden wir das Tuchmachermuseum. Das hat zwar weder mit Erdgeschichte noch mit Archäologie etwas zu tun, ist aber ein echtes Bramscher Highlight, das man nicht verpassen sollte. Von der Schafwolle bis zur Wolldecke kann man hier zusehen, wie aus dem fettigen Pelz flauschige Produkte werden. Und das alles an laufenden Maschinen!
Jetzt geht´s in nördlicher Richtung raus aus dem Stadtkern. Wir folgen einer schönen, schmalen Lindenallee und befinden uns schon bald nicht mehr weit vom Darnsee (2) entfernt. Wer am Ende der Tour (oder ein anderen Mal) eine kleine Abkühlung braucht, findet hier eine ungewöhnliche Bademöglichkeit direkt am Naturschutzgebiet. Seine Entstehungsgeschichte hat der Darnsee mit dem „Feldungelsee” gemein, unserer nächsten Station.
Um dorthin zu kommen, durchqueren wir aber erstmal den Stadtteil Gartenstadt und radeln etwa drei Kilometer am Kanal entlang. Kurz bevor wir die „Alte Heerstraße” erreichen, liegt links in einem kleinen Waldstück der „Feldungelsee” (3) versteckt - er ist, wie auch der Darnsee, ursprünglich ein Erdfall, der sich später mit Wasser gefüllt hat. Erdfall?Der Name sagt es schon: Hier ist Erde gefalle; genauer gesagt: runter in ein Loch gefallen. Eine Höhle nämlich, die lange vorher tief unter der Erde entstanden war.In den Zeiten, in denen noch die Saurier diese Gegend unsicher machten, wurde das Land hin und wieder vom Meer überflutet. Als es später immer heißer wurde und der Meeresspiegel wieder sank, blieben manchmal salzige Lagunen zurück, in denen das Wasser langsam verdunstete. Dicke Schichten aus Salz und Gips blieben dann liegen, die später von Sand oder Ton zugedeckt wurden. Von diesen Salzschichten, die heute mehrere Zehnmeter unter der Oberfläche liegen, hätten wir nie wieder etwas gehört, würde das Grundwasser sie nicht langsam auflösen. Die Hohlräume, die dabei entstehen, stürzen dann gern irgendwann ein und von oben rutscht die Erde nach: zack! Fertig ist der Erdfall. Neunmal ist das in der näheren Umgebung allein in den letzten Jahrzehnten passiert. Also: Auf den nächsten Kilometern auf Löcher achten, die sich plötzlich in der Erde auftun! Hier, wo es also vor rund tausend Jahren den Leuten den Boden unter den Füßen wegriss, sind jetzt seltene Pflanzen und Tiere wie der Schlammschachtelhalm, die Wasserschwertlilie und der Eisvogel zuhause. Es handelt sich um ein Naturschutzgebiet, bitte Rücksicht nehmen!
Der „Alten Heerstraße” folgen wir weiter in Richtung Osten bis in die Ortslage Alt-Barenaue. Eine Allee aus beängstigend schief stehenden Kopflinden führt uns auf die Wasserburg Alt-Barenaue (4) zu. Aus dem 17. Jahrhundert stammt das Torhaus mit Dreiecksgiebel; von dem barocken Herrenhaus der Wasserburg Alt-Barenaue ist nur ein Teil erhalten, der 1823 stark umgebaut wurde.
Weiter geht´s einmal im Karree durch das ehemalige Kalkrieser Moor. Platt ist es auf den nächsten drei Kilometern. So platt wie in Ostfriesland. Wo heute Wiesen und Äcker das Landschaftsbild bestimmen, gab es früher zwischen Torfmoos, Birken und Wollgras kaum ein Durchkommen.
Immer näher kommen wir jetzt den Vorbergen des Wiehengebirges – genauer genommen dem Kalkrieser Berg. Direkt an dessen Fuß erreichen wir ein Highlight, das in den letzten Jahren bei Archäologen mächtig für Furore gesorgt hat: „Die Varusschlacht” oder „Museum und Park Kalkriese” (5). Wo sich vor 2000 Jahren (9 n. Chr.) Römer und Germanen die Köpfe einschlugen, erinnert heute ein supermoderner Museumsbau aus Stahl an die blutigen Ereignisse. In dem großzügig angelegten Parkgelände kann man nachvollziehen, wie die Germanen als flinke Waldläufer den schwer bewaffneten, aber unbeweglichen Römern auflauerten und ihrem Marsch in Richtung Nordwesten ein jähes Ende bereiteten.Der Ort der Varuschlacht ist übrigens kein Zufall: Zwischen dem morastigen Kalkrieser Moor auf der rechten und dem damals dichten Bergwald am Wiehengebirge auf der linken Seite gab es nur einen schmalen Streifen, der als Weg für die römischen Truppen in Frage kam. Schlecht für die Römer, gut für die Germanen. Denn so wurde dies zum perfekten Ort für einen Hinterhalt. Auch heute orientieren sich die Verkehrswege noch an der Landschaft. Die Bundesstraße 218 und der Mittellandkanal laufen auf langen Strecken genauso am Wiehengebirgsfuß entlang wie die damalige Marschroute der Römer.
Der B 218 folgen auch wir jetzt ein Stück und können uns nach etwa zwei Kilometern ein Bild davon machen, warum diese Gegend eigentlich „Kalkriese” heißt. Nicht, dass wir Riesen finden, wohl aber den Kalk. Ein ehemaliger Steinbruch (6), den wir nach 200 Metern am Ende eines Stichweges finden, gestattet uns nämlich einen Blick in den Kalkrieser Berg. Das Kalkgestein, das wir hier an den Abbruchwänden finden, stammt - wie auch das Salz unter den Erdfällen – aus der Jura-Zeit vor etwa 150 Millionen Jahren. Damals sammelte sich der Kalk als Schlamm am Meeresgrund und wurde erst später durch das Gewicht darüber liegender, jüngerer Schichten zu festem Gestein. Heute sind die Gesteinsschichten hier etwas nach Norden geneigt, auch die Schicht, auf der wir stehen: Als das Wiehengebirge entstand, wurden auch im Kalkrieser Berg die Schichten aufgewölbt. Der harte Kalkstein hat hier an frischen Bruchstellen eine graue Farbe, wenn er verwittert wird er braun. Hin und wieder findet man in Spalten größere Calcit-Kristalle, die zwar nicht wertvoll, aber sehr schön sind.
Zurück auf die 218 und dann nach links rauf auf den Berg! Nach knapp 2 Kilometern finden wir rechts im Wald noch ein paar kleinere Steinbrüche (7), in denen ebenfalls der Jura-Kalk zu sehen ist. Hier sieht man anhand der Spalten im Gestein, dass auch der Kalkstein vom Wasser langsam gelöst wird. Die senkrechten Spalten waren ursprünglich schmale Risse, durch die seit Jahrtausenden das Regenwasser sickert.
Wir haben jetzt gut 100 Höhenmeter erklommen. Wenn wir auf der Südseite des eigentlichen Kamms dann wieder runterrollen, müssen wir aufpassen: Nach etwa 300 Metern geht´s nach rechts und wir fahren parallel zum Höhenzug weiter. Südlich von Engter treffen wir an einem Pass wieder auf eine Landstraße und fahren nach links in Richtung Wallenhorst. Nach einem guten Kilometer zweigt oben auf der Kuppe eines Hügels eine Straße (”Hinter dem Berge”) scharf nach rechts ab. Wer nicht glaubt, dass Steine auch weich sein können, biegt hier ein und fährt sofort links in einen schmalen Waldweg. Jetzt aber Vorsicht! Wir kommen an den steilen Rand einer Tonsteingrube (8), in der ein schwarzbraunes Gestein abgebaut wird. Die Spuren an den Grubenwänden zeigen, dass hier nicht gesprengt wird: Mit dem Bagger kann man hier die weichen Steine von der Wand kratzen. Nachdem wir nun schon Sandstein und Kalkstein kennen gelernt haben, stehen wir hier nun einem dritten, wichtigen Gestein gegenüber: Tonstein! Wer sich unter „Ton” dieses hellbraune Zeug aus der Töpfer-AG vorstellt, ist hier natürlich etwas überrascht. Letztlich ist dieser schwarze Tonstein aber nichts wirklich Anderes. Gemahlen und mit Wasser versetzt lässt sich auch aus diesem Material etwas formen. Daraus werden dann allerdings weniger Töpfe oder Vasen, sondern vielmehr Ziegelsteine und Klinker. Was in der Jura-Zeit als fauliger Schlamm auf den Meeresgrund sank, ist heute ein wertvoller Rohstoff für die Ziegelindustrie.
Jetzt lassen wir die Geologie vorerst hinter uns und nähern uns wieder der Zivilisation. Die Alte Alexanderkirche (9) in Wallenhorst ist unser nächstes Ziel. Dieses kleine Gotteshaus ist ein echtes Schmuckstück, das nur leider durch die Bundesstraße 68 völlig vom Rest des Ortes Wallenhorst abgeschnitten ist.Wer sich mit Architektur auskennt, entdeckt in der alten Wallenhorster Kirche eine wilde Kombination verschiedenster Baustile. Bereits in der Karolingischen Zeit soll hier eine Kirche gestanden haben, aus sächsischer Zeit haben die Archäologen sogar einen Gebäuderahmen aus Findlingen entdeckt. Später entstand an gleicher Stelle zunächst eine kleine Hallenkirche, dann eine Pfeilerbasilika und eine Emporenbasilika. Im 14. Jahrhundert erfolgte der Umbau zu einer gotischen Hallenkirche (Gewölbe und Chorraum) und im 18. Jahrhundert wurde die Kirche barockisiert (Fenster). Im Vergleich zu den Steinen, aus denen die Kirche gebaut ist, ist das alles natürlich vergleichsweise jung. Vermutlich ca.150 Millionen Jahre alt ist der Sandstein, der nördlich von hier am Wiehengebirgskamm gebrochen wurde. Auf der Kirchturmspitze sitzt originellerweise kein Hahn, sondern eine Henne, die - so soll es sich der Gründer Karl der Große gewünscht haben – weitere Kirchen ausbrüten soll.
Ein kleines Stück weiter führt eine Brücke über die Bundesstraße und wir landen an der Neuen Wallenhorster Alexanderkirche (10), die ebenfalls nach dem heiligen Alexander benannt ist. Neugotik nennt man den Baustil dieser dreischiffigen Hallenkirche, die man 1881 fertigstellte. Die hier verbauten Steine stammen aus dem Piesberg bei Osnabrück. Die Westfassade mit dem schlanken, 67m hohen Turm zeigt für eine Dorfkirche einen erstaunlichen Formenreichtum.
Weiter geht es über Wallenhorster Gebiet bis zum Stichkanal, dem wir nach Norden bis zu unserer nächsten Station folgen, dem Wasserstraßenkreuz bei Achmer (11). Vor lauter Gewässern kann einem hier ganz schwindelig werden. Nicht nur, dass hier der Osnabrücker Zweigkanal vom Mittellandkanal abzweigt. Hier überqueren tatsächlich die Schiffe den Fluss Hase auf dem Mittellandkanal. Und weil man aus einem Kanal und einem Fluss nicht einfach eine Ampelkreuzung bauen kann, mussten sich die Architekten hier einiges einfallen lassen.
Wenn wir jetzt gut zwei Kilometer weiter hinter Achmer auf einen etwas holprigen Grasweg einbiegen, sehen wir links von uns einen langgestreckten Berg: Die „Larberger Egge” (12). Der langgestreckte Berg ist gewissermaßen der traurige Rest des sonst viel höheren Wiehengebirges. Die alten Gesteinsschichten, aus denen der Wiehengebirgskamm besteht, tauchen hier noch ein letztes Mal aus dem umgebenden Sand und Lehm auf.
Westlich der Larberger Egge umrunden wir ein kleines Naturschutzgebiet und durchqueren eine größere Ebene, wobei unser nächstes Ziel, der Gehn, rechts vor uns schon mehr und mehr ins Blickfeld rückt. Das Wiehengebirge ist das nördlichste deutsche Mittelgebirge: An drei Stellen haben sich unmittelbar nördlich vor dem Wiehengebirgskamm größere Vorberge aufgewölbt: Bei Preussisch Oldendorf der Limberger Sattel, der Kalkrieser Berg (sind wir drüber gefahren) und eben der Gehn. Um zur nächsten Station, der „Heide am Gehn” (13) zu kommen, fahren wir einen kleinen Schlenker nach rechts auf den Wald zu. Wenn wir viel Glück haben, ist jetzt gerade Ende August und das Heidekraut hier am Berg leuchtet uns rosa und lila entgegen. Wenn nicht – auch egal, dann müssen wir halt unsere Phantasie ein bisschen blühen lassen. Warum hier Heide wächst? Heidesträucher und Kiefern stellen keine hohen Ansprüche an den Boden. Der ist hier aus verwittertem Sandstein entstanden und enthält nur wenige Nährstoffe. Außerdem rauscht das Regenwasser schnell nach unten weg, so dass die Pflanzen schnell trockene Füße kriegen.
Auf diesem und einigen anderen TERRA.trails ist immer wieder von „Sandstein aus dem Gehn” die Rede. Wer nach etwa 300 Metern nach rechts in einen Waldweg einbiegt, findet einen versteckten alten Steinbruch (14), wo früher dieses begehrte Baumaterial gebrochen wurde. Hier bitte mal einen Stein aufheben und zerreiben! Dann erklärt sich der Name „Sandstein” von selbst. In einem langgestreckten Rechtsbogen kurven wir jetzt um die Westseite des Gehn herum. Dass sich nur hundert Meter rechts von der Straße entfernt ein gigantischer Steinbruch befindet, kann man von hier aus nicht einmal erahnen. Hier werden riesige Mengen Schotter für den Straßenbau gewonnen.
Wir folgen der Straße und gelangen bald auf die B218, auf deren Radweg wir zügig in Richtung Bramsche vorankommen. Wir passieren ein Schild, das auf einen Grillplatz (15) hinweist, der sich 250 Meter weiter oben im Wald befindet. Hier bietet sich die letzte Chance, sich den Gehn noch einmal „von innen” anzusehen. An den hohen Steilwänden dieses ehemaligen Steinbruchs kann man bewundern, wie sich dicke und dünne Schichten aus Sand in Jahrmillionen zu harten Sandsteinpaketen verfestigt haben.
Auf gut befestigten Wegen geht es nun zurück in den Bramscher Ortskern, wo wir stolz auf die gefahrenen Kilometer zurückblicken. Immerhin haben wir ein ganzes Gebirge überquert!
Wenn Ihnen die Tour gefallen hat, probieren Sie doch mal die anderen TERRA.trails. Oder stöbern Sie einfach auf unserer Website. Haben Sie weitergehende Fragen zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten? Auch dann helfen wir Ihnen natürlich gerne weiter.